Interview mit Maximilian Frank vom Arbeitskreis Mobilität

Bezahlbare Mobilität für Studierende trägt zur Bildungsgerechtigkeit bei. Daher ist es wichtig, dass die Belange Studierender in der aktuellen Diskussion um ÖPNV-Tickets angemessen berücksichtigt werden. Hierfür setzt sich der Arbeitskreis Mobilität der Münchner Studierendenvertretungen zusammen mit dem Studierendenwerk ein. Derzeit wird mit dem Münchner Verkehrs- und Tarifverbund sowohl über das Semesterticket, als auch über das 49- und 29€-Ticket verhandelt.

Wir haben Maximilian Frank, Koordinator des Arbeitskreis Mobilität, zum aktuellen Stand der Dinge bezüglich des Semester- und 29€-Tickets befragt.

 

Maximilian Frank ist Koordinator des Arbeitskreises Mobilität der Studierendenvertretungen in München. Der AK Mobilität wurde 2004 gegründet und setzt sich ehrenamtlich für die Verbesserung der Mobilität der Studierenden in der Landeshauptstadt ein. Der AK Mobilität vertritt die Interessen der Studierenden in den Verhandlungen zum Semesterticket sowie zum 29€-Ticket.

Nach längeren Verhandlungen zum Semesterticket im Rahmen des bevorstehenden 49€-Tickets bleibt das Semesterticket erst einmal bestehen. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Vorweg möchte ich sagen, dass wir uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht haben. Auf dem Papier bietet nämlich das Deutschlandticket mit 294€ für sechs Monate wesentlich mehr Leistung und ist sogar noch billiger als das Semesterticket, sodass wir zusammen mit dem Studierendenwerk und den Verkehrsunternehmen daran gearbeitet haben, das Semesterticket dieses Sommersemester auszusetzen. Leider verzögerte sich der Start des Deutschlandtickets, ursprünglich geplant für den April 2023, immer mehr. Nun soll es frühestens im Mai und damit nicht mehr pünktlich zum Semesterbeginn zur Verfügung stehen.Ohne Semesterticket und ohne Deutschlandticket müssten Studierende im MVV aber bis zu 180€ pro Monat für ihre Mobilität ausgeben. Eine Summe, die sich viele schlichtweg nicht leisten können. Daher wurde kurz vor Weihnachten die Entscheidung getroffen, das Semesterticket auch trotz seiner hohen Kosten in diesem Sommersemester beizubehalten.

Können Studierende im Sommersemester neben dem Semesterticket auch die Vorteile des Deutschlandtickets nutzen?

Das sollte man meinen, oder? Vor allem weil das Semesterticket ja auch noch teurer ist. Leider konnten wir mit den Verkehrsunternehmen noch keine Einigung darüber erzielen, dass das Münchner Semesterticket als Deutschlandticket anerkannt wird. Wir setzen uns aber weiterhin nach Kräften dafür ein, dass die Studierenden, die die IsarCard Semester gekauft haben, dieses ohne weitere Kosten in ein Deutschlandticket tauschen können. Für alle Studierenden, die nur das Solidarticket nutzen, fordern wir, dass die 77,30€, die jeder verpflichtend für das Sommersemester zahlen muss, bei einem späteren Kauf des Deutschlandtickets vollständig angerechnet werden. Es muss klar sein, dass Studierende im Vergleich zu anderen Fahrgästen nicht benachteiligt werden.

Es gibt immer wieder Stimmen aus der Studierendenschaft, die der Solidarbeitrag stört. Warum wird dieser Bestandteil des Semestertickets auch im Sommersemester erhoben?

Das Semesterticket in München besteht aus zwei Bestandteilen, dem für alle verpflichtenden Solidarbeitrag und der freiwilligen IsarCard Semester. Mit dem Solidarticket kann man abends von 18.00 bis 06.00 und am Wochenende ganztags fahren, es ist also primär ein Freizeitticket. Bei den langjährigen Verhandlungen des Semestertickets wurde dieser Weg gewählt, damit die Gesamtheit der Studierenden nicht das ganze Ticket wie in anderen Hochschulstädten, sondern nur den Solidarbeitrag verpflichtend zahlen muss. Auf der anderen Seite kann ein Ticket mit Pflichtanteil insgesamt günstiger angeboten werden kann als ein komplett freiwilliges Ticket. Dazu möchte ich aber auch sagen, dass die Preisentwicklung im Semesterticket natürlich kritisch zu sehen ist. Wir sind nun im Jahr 2023 bei Kosten von 302€ pro Semester, während das Ticket ursprünglich einmal für 200€ während der Pilotphase eingeführt wurde. Da die Mobilität für Studierende in München dringend billiger werden muss, setzen wir uns seit über 2 Jahren auch für ein 365€-Ticket für Studierende ein.

Durch das 9€-Ticket und nun durch das Deutschlandticket ist enorm viel Bewegung in die Tarifstruktur im ÖPNV gekommen. Wie sehen Sie vor diesem Hintergrund die Zukunft für das Semesterticket in München?

Mit dem 9€-Ticket und nun mit dem Deutschlandticket wird endlich das ewige Klein-Klein in der Tarifstruktur im ÖPNV aufgebrochen: Endlich wird es ein Ticket mit bundesweiter Gültigkeit und einer leicht verständlichen Preisgestaltung geben. Gleichzeitig muss man sehen, dass der Preis des Deutschlandtickets nicht auf Studierende, sondern auf reguläre ÖPNV-Nutzer zugeschnitten ist. Studierende, aber auch andere Personen in Ausbildung, benötigen aufgrund des geringen Einkommens auch weiterhin zusätzlich subventionierte Tarife. Dass ein deutschlandweit geplantes Ticket sogar noch billiger ist als das Semesterticket für Studierende zeigt ja die paradoxe Situation auf, die wir vor Ort in München haben.

Diese Woche wurde von der Bayerischen Staatsregierung ein 29€-Ticket angekündigt. Löst dies alle Probleme, die aktuell mit dem Semesterticket bestehen?

Das angekündigte 29€-Ticket ist ein Durchbruch für Studierende und setzt preislich um, was wir als AK Mobilität mit dem 365€-Ticket bereits seit Langem fordern. Gleichzeitig ist es nicht nur eine finanzielle Entlastung für Studierende, sondern bietet mit der deutschlandweiten Gültigkeit auch die gleiche umfangreiche Leistung wie das Deutschlandticket. Ein Auge müssen wir aber auf die Preisstabilität haben, da das 29€-Ticket effektiv ein weiter vergünstigtes Deutschlandticket ist: steigt dieses im Preis, erhöht sich auch der Preis des Tickets für Studierende. Bei aller Euphorie muss man sehen, dass das 29€-Ticket erst zum Wintersemester 2023/24 eingeführt wird. Die Probleme mit dem Semesterticket in diesem Sommersemester werden dadurch leider nicht gelöst, sodass wir daran weiter mit Hochdruck arbeiten.

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Statement von Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Studierendenwerks, zum Beschluss der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, das 49€-Ticket zum 1. Mai 2023 einführen zu wollen:

„So sehr das 49€-Ticket auch die Mobilität erleichtert und den ÖPNV attraktiver macht – für viele der rund 2,9 Millionen Studierenden in Deutschland sprengen 49 Euro im Monat für die Mobilität schlicht das Budget. Sie benötigen einen Preisdeckel für ihre ÖPNV-Tickets. Das 49€-Ticket wird zudem massiv ins Gefüge der bisher für Studierende verpflichtenden Semestertickets eingreifen; hier muss für die Studierenden rasch eine rechtssichere Lösung gefunden werden. Die studentische Mobilität und die Erreichbarkeit der Hochschulen muss gesichert werden. Viele Studierende sind auf den ÖPNV zwingend angewiesen, weil sie sich die teuren Mieten in den Hochschulstädten nicht leisten können und deshalb ins Umland ausweichen. Es darf nicht sein, dass das 49€-Ticket entgegen dessen Intention die Mobilität der Studierenden verschlechtert und sie finanziell belastet – das ist das Letzte, was sie angesichts rasend steigender Energie- und Lebensmittel-Preise brauchen.“

Studierendenausweis wird vorübergehend zum Ticket für den öffentlichen Nahverkehr.

Nach längeren Verhandlungen zwischen den Münchner Verkehrsbetrieben, dem Arbeitskreis (AK) Mobilität und dem Studierendenwerk München Oberbayern kam es zu einer für die Studierenden vorteilhaften Lösung: Studierende, die den Solidarbeitrag zum Semesterticket des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV) gezahlt und somit das MVV-Logo auf ihrem Studierendenausweis haben, können im Sommersemester 2023 bis zum Start des Deutschlandtickets am 1. Mai 2023 mit ihrem Studierendenausweis alle öffentlichen Verkehrsmittel des MVVs unbegrenzt nützen.

Mehr Informationen dazu erhalten Sie hier.

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