Das Amt für Ausbildungsförderung

Liebe Leserinnen und Leser,

in unserer Blog-Reihe „Warum sollte die Politik das Studierendenwerk München Oberbayern unterstützen?“, legten wir Ihnen bislang die Situation in der Studentenstadt Freimann aus unserer Sicht dar und artikulierten unseren Standpunkt zum Bereich der Hochschulgastronomie. Einen wichtigen Beitrag zur Chancengleichheit in der Bildung leistet das Amt für Ausbildungsförderung in unserem Haus. Die Kollegen/-innen der Abteilung kümmern sich um die finanzielle Förderung von Studierenden nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz „BAföG“ genannt. In diesem Blogbeitrag erfahren Sie mehr zum Amt für Ausbildungsförderung, über seine aktuellen Herausforderungen aber auch Erfolge.

 

12.146 Anträge auf Überbrückungshilfe
im Jahr 2021

Wie schon das erste, so war auch das zweite Jahr der Corona-Pandemie für viele Studierende durch persönliche wie auch finanzielle Einschnitte geprägt. Besonders das Wegfallen üblicher Einnahmequellen wie auch der durch die Online-Semester erhöhte Energieverbrauch schlugen sich negativ auf den Konten vieler Studierender nieder. Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Verfügung gestellte Überbrückungshilfe half in diesem Zusammenhang auch 2021 zahlreichen Studenten/-innen, die wegen der Pandemie in eine Notlage geraten waren. Bis zum Auslaufen der Überbrückungshilfemaßnahme im September 2021 wurden im Raum Oberbayern 12.146 Anträge gestellt. Seit Einführung der Überbrückungshilfe im Jahr 2020 reichten die Studierenden insgesamt 23.793 Anträge ein, was zu einer Gesamtsumme von 8.279.500 Millionen Euro ausgezahlter Mittel führte. Zur Mitte des Jahres 2021 nahm die Anzahl der Anträge jedoch deutlich ab, da immer mehr Einrichtungen wieder öffneten und viele Studierende wieder einen Nebenjob fanden.

Die Abarbeitung der Anträge erfolgte wegen der Pandemie teilweise im Homeoffice. Doch auch das Amt für Ausbildungsförderung blieb von Corona nicht verschont und so musste der Ausfall einiger Sachbearbeiter/-innen, die erkrankten, von den Kollegen/-innen aufgefangen werden. Teilweise fiel sogar die Hälfte der Belegschaft der Abteilung coronabedingt aus, was sowohl zu Verzögerungen in der Bearbeitung der BAföG-Akten wie auch der Überbrückungshilfen führte.

Um Ansteckungen zu vermeiden und gleichzeitig trotzdem möglichst zügig mit der Bearbeitung von Überbrückungshilfe- wie auch BAföG-Anträgen voran zu kommen, hat die Abteilung einigen Kollegen/-innen arbeitsschutzgerechte Behelfsplätze auf den Fluren des Studierendenwerks zur Verfügung gestellt. Der Hintergrund dafür ist, dass BAföG-Anträge aus Datenschutzgründen nicht mit ins Homeoffice genommen werden können und ausschließlich in Präsenz bearbeitet werden dürfen. Als in dieser Situation die Hälfte der Belegschaft krankheitsbedingt ausgefallen war, kam es zwangsläufig zu Verzögerungen in der Sachbearbeitung. Um diese so gering wie möglich zu halten, mussten einige Kollegen/-innen mit der beschriebenen, kreativ geschaffenen Arbeitsplatzumgebung vorliebnehmen.

Die beschriebene Situation hätte sich anders dargestellt, wäre die sogenannte e-Akte mittlerweile ein fester Bestandteil der Auftragsbearbeitung. Leider ist sie das nicht.

 

Ein Digitalisierungstrauerspiel in
mehreren (e-)Akten

Im August 2021 veröffentlichte das Studierendenwerk München Oberbayern eine Pressemitteilung zum digitalen BAföG-Antrag, der seitdem direkt auf der Website bafoeg-digital.de gestellt werden kann. Das neue Online-Tool hilft den Antragstellern/-innen, bekannte Hürden der Antragsstellung zu meistern, indem es sie mit einfachen und verständlichen Fragen durch die einzelnen Schritte der Antragstellung führt. Man sollte also meinen, es ginge voran mit der Digitalisierung, der seitens der Staatsregierung viel gepriesene „Digital-Turbo“ würde jetzt in Bayern eingeschaltet.

Sicher ist die genannte Anwendung begrüßenswert und ein weiterer Schritt in Sachen Digitalisierung. Doch unsere Kollegen/-innen im Amt für Ausbildungsförderung bekommen davon leider wenig mit. Denn die Digitalisierung umfasst ausschließlich den Antrag, nicht jedoch die Antragsverarbeitung. Wundern Sie sich also nicht: Jeder digital eingereichte BAföG-Antrag muss aus rechtlichen Gründen von unseren Kollegen/-innen ausgedruckt, bearbeitet, verschickt und in Papierform abgelegt werden. Ein e-Antrag ist eben kein e-Bescheid und noch lange keine e-Akte. Und so türmen sich im Archiv des Studierendenwerks die Akten, sie werden mit Aktenwägen durch das Haus gekarrt, abschließbare Aktenschränke müssen aus Datenschutzgründen in jedem Büro eines Sachbearbeiters oder Sachbearbeiterin stehen und der Stempel gehört nach wie vor zum grundlegenden Ausstattungsinventar der Mitarbeitenden.

Eine vollständige Digitalisierung des BAföG-Antragsbearbeitungsprozesses wäre daher für alle Beteiligten wie Studierende, Eltern, Hochschulen und die Bearbeitungsstellen wünschenswert. Daher drücken unsere Kollegen/-innen bei jeder Digitalisierungswelle seit 2017 die Daumen und drucken am Ende doch wieder Online-Anträge aus, anstatt von einer grundsätzlichen Verwaltungsvereinfachung zu profitieren, was am Ende ja auch in einer Beschleunigung der Bearbeitung der Anträge für Studierende resultieren würde. An dieser Stelle würden wir uns daher sehr über die Unterstützung von Seiten der Politik freuen. Das Wissenschaftsministerium des Freistaats Bayern könnte und sollte sich unserer Ansicht nach dafür einsetzen, dass eine zeitgemäße digitale Lösung zur Bearbeitung der BAföG-Anträge gefunden wird und diese e-Akte den Bayerischen Ämtern für Ausbildungsförderung zur Verfügung stellen.

 

Nach der BAföG-Reform ist vor
der BAföG-Reform

Ein wichtiger Grundgedanke des BAföG ist unter anderem, jungen Erwachsenen ein ihren Eignungen und Neigungen entsprechendes Studium zu ermöglichen, auch wenn ihre Eltern sie dabei nicht finanziell unterstützen können. Besonders in München, aber auch in anderen Städten mit hohen Lebenshaltungskosten, ist dieser Grundsatz in den letzten Jahrzehnten in Schieflage geraten. Denn im BAföG sind Umstände wie der teure Mietmarkt oder der teure ÖPNV nicht berücksichtigt. Das führt dazu, dass viele Studierende zwar Förderung erhalten, sich aber trotzdem nicht auf ihr Studium konzentrieren können, weil das Geld einfach nicht reicht.

Hinzu kommt, dass die Bemessungsgrenze für das Einkommen der Eltern in München gleich hoch ist wie in anderen Städten, in denen die Lebenshaltungskosten zum Teil wesentlich geringer sind. Leider erhalten viele Studierende, deren Eltern in München leben, deswegen kein BAföG, obwohl die Eltern viel höhere Kosten bei Mietwohnung, Lebensmitteln oder der Mobilität zu verbuchen haben und daher mehr verdienen müssen, um weiter hier wohnen zu können. Daher können sie ihre Kinder dann nicht in dem selben Maße finanziell fördern wie beispielsweise Eltern in ländlichen Gebieten.

Aus diesem Grund wäre es dringend geboten, sowohl die Bemessungsgrenze für das Einkommen der Eltern wie auch die Förderbeträge an die regionalen wirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen, um gleichwertige Ausgangsbedingungen für alle Studierenden zu schaffen, egal wo diese studieren. Besonders in München, das sich seiner Exzellenzuniversitäten rühmt, sollte auch eine gerechte Finanzierungslage für die Studierenden zur Verfügung stehen. Was aber bei der Bemessung der Umsatzsteuer mit einem so genannten flexiblen Hebesatz kein Problem darstellt, ist auf der anderen Seite bei der Bemessung des BAföG-Anspruchs leider nicht möglich. Das kann nicht im Sinne der Bildungsgerechtigkeit sein. Daher fordert das Studierendenwerk München Oberbayern die Einführung eines flexiblen Hebesatzes, um Studierenden ungeachtet ihrer sozialen Herkunft das Studium an einer der führenden Universitäten und Hochschulen Europas zu ermöglichen.

Zwar hat die kürzlich in Kraft getretene BAföG-Reform 2022 eine Erhöhung der Fördersätze um 5,75 Prozent zur Folge gehabt. Diese reicht aber aus heutiger Sicht bei weitem nicht aus. Wenn man sich die aktuellen Preisentwicklungen durch Inflation und den Anstieg der Energiekosten vor Augen hält, merkt man schnell, dass der Kaufkraftverlust durch die Erhöhung der Fördersätze für die Studierenden nicht ausgeglichen wird. Aus diesem Grund schließt sich das Studierendenwerk München Oberbayern der Forderung des Deutschen Studierendenwerks nach einer Anhebung der Fördersätze um mindestens 10 Prozent an – und das innerhalb eines Jahres und nicht wie so oft aufgeteilt auf mehrere Jahre.

 

Mehr Mitarbeitende

Nach einer längeren Zeit des Einstellungsstopps und der oben beschriebenen, coronabedingten Personalengpässe in der Abteilung Ausbildungsförderung konnten 2021 fünf neue Mitarbeiter/-innen eingestellt werden. Dies bedeutet für die Abteilung langfristig eine deutliche Entlastung. Wegen der erhöhten bürokratischen wie auch juristischen Komplexität der Sachlage, dauert die Einarbeitung neuer Kollegen/-innen jedoch bis zu einem Jahr, bis diese eigenständig Fälle bearbeiten dürfen. Denn BAföG-Sachbearbeiter/-in ist kein Ausbildungsberuf. Das Studierendenwerk München Oberbayern bildet die Kollegen/-innen selbst aus. Während dieser Zeit der Einarbeitung verteilen sich alle Arbeiten auf die restlichen Mitarbeiter/-innen der Abteilung. Trotzdem ist die Maßnahme, neue Arbeitskräfte einzustellen, natürlich ein wichtiger Schritt auch im Hinblick darauf, dass mit der oben erwähnten BAföG-Reform das Antragsvolumen hoffentlich wieder steigen wird. Insofern ist es erfreulich, dass das Bayerische Wissenschaftsministerium der Aufstockung der Stellen zugestimmt hat.
 

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen einen kleinen aber gehaltvollen Einblick gegeben zu haben, welche Themen das Amt für Ausbildungsförderung aktuell umtreibt. Auch in diesem Bereich gibt es noch viel zu tun. Aber wie immer bleiben wir optimistisch, blicken nach vorne, und setzen uns nach wie vor tatkräftig für Chancengerechtigkeit in der Bildung ein.

Ihre

Dr. Ursula Wurzer-Faßnacht

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